Savour Dymâr                               An eine Mörderin

© beim Autor                                       meinem treuen und lieben Vierbeiner Moritz zugeschrieben

(2.Fassung)

Wie lieb ich dich, dich Schwester: sei gepriesen!
Du warst mir immer Vorbild, dein Elan
War voller Kraft, ich himmelte dich an.
Auch suchte ich Gefallen: doch nicht diesen!

Wie hass ich dich, dich Schwester: sei vergessen!
Du bürgst mir alle Leiden, ich verfluch
Aufs Teuflischste das letzte Bittgesuch!
Mein Herz hat dich verlassen, denn vermessen

Wär es zu glauben jenen auszumerzen,
Der ewig mir mein Freund und noch viel mehr.
Als ob es wirklich ginge ohne Schmerzen,
Die Dinge zu verdrängen, die so sehr

In einem selbst sind, wie ein bloßes Schweigen,
So selbstverständlich, da, bis sie sich neigen.

 

 

 

Savour Dymâr                               An den Alexandriner

Neobarocke Skizze

 

Ich füllte dich, o Vers, mit nichtigen Gedanken

und tat dir Unrecht an, nun finde endlich Rast!

In steter Nichtigkeit wirst du wie ich erkranken

und fallen über das, was du so sehr gehasst:

die Freiheit, welche dich hat oftmals lassen schwanken;

da sie dich gleiten ließ, hab ich dich angefasst,

mit Händen, die schon kaum erhoben, wieder sanken,

denn dich zu halten war die allergrößte Last!

 

Letztendlich sah ich’s ein: dir ist nicht beizukommen.

Du bist wie eine Frucht, die Gift und Süße eint;

gegeben hast du Gift, die Süße mir genommen,

von der ich erst erfuhr, als du sie mir verneint.

Drum finde endlich Rast, bevor sie dich verpönen

und ich dich leugnen muss, dich Ausgeburt des Schönen!

 

 

 

Savour Dymâr                       Das Lied des Depressiven

 

Die Dunkelheit zum Frühstück. Ein Geschwür

aus undurchsichtig abgelebten Jahren

vergiftet unsre Hirne. Traumfanfaren

verstummen an der alten Wohnungstür.

 

Ein unbewohntes Reich regieren wir,

erbaut aus Launen, die uns widerfahren.

Dem Leid indes, dem wir uns offenbaren,

begegnen wir in höflicher Manier.

 

Das Lachen ist uns schwer und unvertraut.

Wir suchen oft zerstreut das Anonyme,

denn meinen wir das Alles auf uns schaut.

 

Erzitternd dulden wir den schlimmsten Spott,

zerwerfen all das Nahe und Intime

und glauben manchmal doch an einen Gott.

 

 

 

Savour Dymâr                       erwachen (skizze)

 

die vulva der vergötterung ergründet.

im nichtbegreifen sich sehr wohlgefühlt

doch nun nicht wissen wo man sich befindet

denn alles scheint gesucht und vorgespielt.

 

den augenblick erhaschen der entgleitet.

zu deuten was die möglichkeit gebar

und es verwerfen wenn es schmerz bereitet

sei es aus ehrfurcht oder aus gefahr.

 

nur sich nie ganz geschlagen geben –

wenn auch der traum ins dunkel rückt

und die verzweiflung mancher nennt sie leben

die hoffenden gedanken unterdrückt –

 

denn schon die nächste nacht die kommen mag

verdrängt im traum den ungeliebten tag.

 

 

 

Savour Dymâr                       Über die Tragödie (Pathos)

 

Jahrhunderte der gleichen Prozeduren,

zuweilen liest man Pro- und Epilog,

ein Wortgewirr zerfurcht die Kreaturen,

zurück bleibt oft ein unheilvoller Sog.

 

Ein Wechselspiel aus Farben und Konturen,

in denen auch der Freund den Freund betrog

und selbst die Schande abgewrackter Huren

Moral und Tugend manchmal überwog.

 

Gewöhnliches war hier nicht von Belang.

Die Dichter suchten stets das Ungemeine,

z.B. eines Krösus Untergang.

 

Und die Figuren gingen an der Leine,

geführt durch einen unsichtbaren Zwang.

Doch eine Wendung gab es leider keine.

 

 

Savour Dymâr                       Der gefallene Despot

 

Was ihn bewegt, ist längst nichts mehr als dies:

ein Schreckensbildnis, das er selbst gelobte.

Und die, mit denen er im Schatten tobte,

ziehn ziellos um ihr eigenes Verlies.

 

Die schweren Stürme waren ihm vertraut,

doch keiner war wie jener, der ihn kippte.

Sein Antlitz, das in Falten reich gestippte,

schien wie der Ausdruck einer toten Braut:

 

erkaltet und ergraut und unbestimmt,

gerade vorm Verwesen noch gehalten,

gebrochen hinter allen Hungersleiden.

 

Der Unbeugsame liegt in sich gekrümmt,

denn muss er als Gefangener veralten

und warten bis sie über ihn entscheiden.

 

 

 

Savour Dymâr                       Ver-Dichtung

 

Ersuchte Entspannung

Gedankengefälle

Die Dichtung als Quelle

Der Alltagsverbannung.

 

Im Schatten des Lebens

Geschmeiß und Gefahren

Und wir offenbaren

Der Welt uns vergebens.

 

Denn wortlose Weiten

Die wir oft durchqueren

Verbergen die Richtung.

 

Das hilflose Deuten

Des Imaginären...

Es bleibt nichts als Dichtung.